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Die Österreichische Dramatikerinnen Dramatiker Vereinigung
ÖDV 1993-1999


Dokumente IV | Erster Österreichischer Dramatiker/innen Kongress
Volkstheater, Wien

Vom 9. bis 11. März 1996 fand im Volkstheater der Erste österreichische Dramatiker/innen-Kongress statt. Armin Anders, Geschäftsführer der ÖDV, leitete die Veranstaltung mit einem Vortrag ein, in dem er die Probleme der österreichischen GegenwartsdramatikerInnen sowie die Schwierigkeiten, mit denen die Interessenvertretung der österreichischen DramatikerInnen seit ihrer Gründung 1993 zu kämpfen hatte und hat, skizzierte. Der Vortrag endete mit einer Anekdote über Bertolt Brecht: Brecht wurde von Wissenschaftlern und Experten nach den besten Möglichkeiten der Dramatikerförderung gefragt. Seine Antwort war kurz: Geben Sie ihnen Geld!

Unter der Leitung von Wolfgang Palka diskutierten am Samstag, den 9.3. , zum Thema AutorInnen-Theater - Theater der AutorInnen die Regisseurin Beverly Blankenship, die Autoren Gustav Ernst, Harald Kislinger und Raimund Bahr, der Dramaturg des Volkstheaters Oliver vom Hove, die Kulturkritikerin Sigrid Löffler und der Kultursprecher der ÖVP Franz Morak. Wie nicht anders zu erwarten, trafen kontroverse Meinungen aufeinander: Es werde zu viel uraufgeführt - es werde zu wenig uraufgeführt; das Neue sei uninteressant - das Neue sei das Alte von morgen; der Autor müsse sich am freien Markt behaupten - welcher freie Markt, wenn die Theater hochsubventionierte Betriebe sind?

Das Resümee der ÖDV
a) Die Irrtümer und Mißverständnisse sind so groß und zahlreich, dass sie wohl noch lange in den Köpfen der KulturkritikerInnen, der TheatermacherInnen und auch der AutorInnen herum spuken werden.
b) Es gibt noch viel zu tun, wenn wir der Misere der österreichischen Gegenwartsdramatik ebenso konkrete wie kreative und förderliche Projekte entgegensetzen wollen. Das aber erfordert eine breite Unterstützung und Mitarbeit aller österreichischen Theater, eine Bereitschaft der Subventionsgeber, wie sie bisher nicht gegeben war und ist, und das Engagement aller Dramatikerinnen und Dramatiker.
Am Sonntag, den 10.3. , wurden unter reger Beteiligung von AutorInnen in drei Arbeitskreisen die Themen Theater- und Verlagsrecht sowie Integration in die Theater besprochen und ein Forderungskatalog, mit dem wir in nächster Zeit mit dem Ministerium in Verhandlungen treten werden. In der Folge wurde vom Vorstand der ÖDV beschlossen, dass erstens die Ausarbeitung von Standardverträgen vorangetrieben werden soll, damit wurde Klaus Haberl beauftragt, und dass es zweitens eine Publikation geben soll, in der die Ergebnisse des Ersten österreichischen DramatikerInnen-Kongresses veröffentlich werden.
Anschließend an die Arbeitskreise gab es am Nachmittag die zweite Podiumsdiskussion, das Thema war: Sparen? Kürzen? Zusperren? Kulturpolitik zur Diskussion.
Teilnehmer waren Armin Anders, die Regisseurin Eva Brenner, der Autor Gustav Ernst, der Kultursoziologe Robert Harauer, die Kultursprecherin der Wiener Grünen Friedrun Huemer, der Kulturressortchef des ORF Wolfgang Lorenz, der Kultursprecher der ÖVP Franz Morak, die Obfrau des Liberalen Forums Heide Schmidt.
Etwas anders als die erste Diskussion war diese fast ausschließlich von Monologen geprägt, es kam kaum zu keiner echten Auseinandersetzung.
Das zeigt wohl einmal mehr, dass es in Österreich seit 1945 keine Tradition des kulturpolitischen Diskurses gibt. Dieser wäre einzufordern, von den Politikern ebenso wie von den Kunst- und Kulturschaffenden.


Dokumente V | Stückebibliothek-Lesemarathon
dietheater, Konzerthaus Wien

Am Montag, den 11.3. , fand im dietheater, Konzerthaus der Stückebibliothek-Lesemarathon statt. Von den AutorInnen wurden in einer achtstündigen Lesung folgende Stücke präsentiert:

Michael Amon: Horvat Roth Celan
Zdenka Becker: Küß mich, Frosch!
Anton Bernhart: Lasamarmo
Rudolf Egger: Über Bord
Günther Eichberger: Brennend heißer Wüstensand
Elisabeth Gall: Supergau
Egyd Gstättner: Die Räuber
Elfriede Kern: Miss Furrr & Miss Skene
Erich Ledersberger: Ein Autor sieht rot
Manfred Teufel: Kerker

Der Marathon war ein beachtlicher Erfolg.
Etwa 180 Personen waren den Tag über anwesend.
Am Abend, beim Abschlussfest, waren es dann etwa 200 Personen, die der ganzen Veranstaltung einen angenehmen Ausklang gaben.


Dokumente VI | Büro- und VeranstaltungsKooperation
ÖDV und Theaterm.b.H., ein Konzept vom 25.2.1998

Unsere Zielsetzung ist es, eine aktive Berufsvertretung zu organisieren, Betreuung und Beratung zu koordinieren sowie wichtige und notwendige Akzente im Bereich der österreichischen Gegenwartsdramatik, insbesondere in Bezug auf die derzeitige Kulturpolitik, zu setzen.
Grundsatzpapier der ÖDV, 1993

Organisation und Administration
Interne Synergieeffekte
Eine Bürokooperation einer Interessenvertretung wie der ÖDV, die ja auch als Veranstalter auftritt, mit einem Theater ist daher in mehrfacher Hinsicht als ideal zu bezeichnen.
Erstens ist es eine logische Fortsetzung der Arbeit von ÖDV wie auch von Theater m.b.H. (das Theaterm.b.H. hat ja in der Vergangenheit auch immer wieder erfolgreiche Aktivitäten zur Förderung zeitgenössischer österreichischer dramatischer Literatur gesetzt); zweitens haben beide Vereine in den letzten Jahren bereits mehrfach erfolgreich kooperiert (z.B.: 7 Tage österreichische Dramatik, 1995); drittens ergeben sich durch eine solche Kooperation mehrere Vorteile, welche sind: gemeinsame Benutzung der Infrastruktur: Computernetzwerk; Fax, Kopierer u.a.; Archiv und Bibliothek; Depot (Plakate, Broschüren, Arbeitsmaterialien).
Diese gemeinsame Infrastruktur bewirkt eine effiziente Verwaltung aller verfügbaren Daten (Adressen u.a.), eine effiziente und kostengünstige Öffentlichkeitsarbeit (gemeinsame Aussendungen u.a.), vor allem aber eine effiziente und einfache Koordinierung bzw. Organisation von gemeinsamen Veranstaltungen.
Die Verbesserung des Klimas zwischen allen am Theater Beteiligten und den österreichischen GegenwartsdramatikerInnen steht im Mittelpunkt.
Grundsatzpapier der ÖDV, 1993

Service- und Kommunikationszentrum
Externe Synergieeffekte
Im Sinne des ÖDV-Grundsatzpapiers sind drei Schwerpunkte gesetzt
a) Information, Betreuung und Beratung der österreichischen DramatikerInnen in allen beruflichen Belangen;
b) Engagement im kulturpolitischen Bereich;
c) Verbesserung des Klimas ... (s.o.).
Diese 3 Schwerpunkte werden die Arbeit der ÖDV und somit auch die Zusammenarbeit mit Theater m.b.H. bestimmen. Im Sinne dieser 3 Schwerpunkte ist die Bürokooperation als Service- und Kommunikationszentrum für DramatikerInnen und TheatermacherInnen angelegt. Entsprechende Einrichtungen und Veranstaltungen werden dieses Zentrum zu einem Fixpunkt der österreichischen Theaterszene machen.

Einrichtungen & Angebote
2 Computerarbeitsplätze (Windows, Macintosh) für österreichische AutorInnen sichern eine Professionalisierung der österreichischen AutorInnen. Mit – für den einzelnen oftmals nicht leistbaren – Investitionen im Bereich Software (DTP-Programme u.a.) und Hardware (Scanner u.a.) wird den AutorInnen die Möglichkeit gegeben, Ihre Arbeit kontinuierlich und ohne Beschränkung zu entwickeln und auch angemessen der Öffentlichkeit zu präsentieren (Werbung in eigener Sache sozusagen).
Eine Bibliothek (etwa 7000 Bücher mit den Schwerpunkten Literatur, Theater, Kunst, Ästhetik und Geschichte), ein Archiv (Zeitschriften, Essays/Aufsätze, Bilder etc.) sowie ein kostenloser Internetzugang ermöglichen den Besuchern eine umfassende Materialienrecherche, die mithilfe der Computerarbeitsplätze auch sofort für weitere Bearbeitung dokumentiert werden kann. In einem gemeinsamen mit Theaterm.b.H. benutzten Konferenzraum finden sowohl interne Koordinierungsgespräche als auch Veranstaltungen für Besucher (z.B.: Theaterseminare, Dramaturgische Gespräche) statt. Eine kleine Medienanlage (Video) ermöglicht auch entsprechende Versorgung mit Materialien sowie die Dokumentation von Veranstaltungen.

Veranstaltungen
Es wird weiterhin Veranstaltungen der ÖDV in den Bundesländern und Koproduktionen mit unterschiedlichen Kooperationspartnern geben, aber sicherlich wird Wien und das Theaterm.b.H. zum Mittelpunkt der Aktivitäten.
Der ÖDV ist es wichtig, den österreichischen DramatikerInnen beste Möglichkeiten zu geben, sich umfassend mit dem Theater in Theorie und Praxis auseinanderzusetzen: So gibt es einen ausgearbeiteten – wie bisher auch bereits realisierten – Veranstaltungsplan von öffentlichen Gesprächen und Diskussionen mit AutorInnen, über unterschiedliche Angebote von Beratungen, Seminare und Workshops, bis hin zur öffentlichen Präsentation (z.B. in Form szenischer Lesungen).
Was die ÖDV auch weiterhin den Theater überlassen wird, denn das ist Ihre Aufgabe, ist: die österreichischen Stücke zur Aufführung zu bringen.
Eine solche – nicht nur räumlich – enge Kooperation mit Theaterm.b.H. ermöglicht freie Ressourcen im Theaterbetrieb konsequent und kontinuierlich mit Veranstaltungen der ÖDV zu besetzen. Es ist so auch möglich, gewisse Veranstaltungsleisten zu entwerfen und zu realisieren, die zu fixen Terminen alljährlich wiederholt werden, und somit den DramatikerInnen einen fixen und jeweils aktuellen Platz im öffentlichen Diskurs geben.
Einer unserer Schwerpunkte wird sicher dabei eine Veranstaltungsreihe im Sommer sein – das Konzept einer Theater/Drama-Sommerakademie 1998 ist bereits in Ausarbeitung.
Der inhaltliche und zeitliche Umfang unserer Veranstaltungen ist selbstverständlich von den budgetären Möglichkeiten abhängig. Angestrebt wird perspektivisch ein Zeitraum von etwa 7 bis 8 Wochen (über das Jahr verteilt), den wir mit unseren Veranstaltungen (mit unterschiedlicher Intention und unterschiedlicher Ausprägung - Workshops, Seminare, Lesungen usw.) bespielen wollen.

Nachtrag

Kosten
Baukosten (Adaptierung der Büroräume)
etwa 150 000,- öS.
Investitionskosten (Ausstattung des Büros)
etwa 150 000,- öS.
Eine finanzielle Unterstützung der Jahrestätigkeit der ÖDV (Betriebskosten, Infrastruktur und Veranstaltungen) wird sicherlich noch Gegenstand der kommenden Gespräche sein (wünschenswert wäre ein Unterstützung in etwa der Höhe des BKA, Abteilung Literatur).
Zeitplan
Nachdem der Mietvertrag unseres Büros (Privatwohnung) mit Juni 1998 ausläuft, hoffen wir, dass wir mit Ende März/Anfang April mit dem Umbau- und Adaptierungsmaßnahmen beginnen können, um das Büro mit Anfang Mai zu beziehen.
Im Juni könnte dann unsere erste gemeinsame Veranstaltung mit Theaterm.b.H. , ein von uns bereits ausgearbeiteter Intensiv-Workshop (mit drei DramatikerInnen, SchauspielerInnen und einem Regisseur), stattfinden, an dessen Ende an einem Tag der offenen Tür die (geprobten) theatralen Arbeiten gezeigt werden.
Es wäre das ein idealer Anlass und eine ideale Möglichkeit (praktische Theaterarbeit von DramatikerInnen im Theater mit im Theater Tätigen), die Kooperation von ÖDV und Theaterm.b.H. der Öffentlichkeit (den Medien) zu präsentieren.


Dokumente VII | Aufführungsverbot vom 11. März 1998 durch die Burghauptmannschaft

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe Im Antlitz der Fische, produziert von AG Literatur und Inuit Productions, sollte am 15. März 1998, um 15 Uhr am Heldenplatz vor der Hofburg eine theatrale Aktion mit dem Titel 38 Hitler. 38 Stalin. Pro und Contra. The Live-Casting Show stattfinden:

Hitler ist ein Nichts. Ein Konglomerat aus Müll, der der Menschheit nichts zu sagen hat. Hitler war ein Spieler. Ein Irrer aus dem 20. Jahrhundert. Stalin war kein Spieler, der hat alles genau kalkuliert. Gegen ihn hatte Hitler keine Chance.
Heiner Müller

Ein Regisseur macht ein öffentliches Casting für einen Historienfilm, betitelt mit Der Pakt. Hitler meets Stalin. Hitler ... Er sucht einen geeigneten Hitler- bzw. Stalin-Darsteller. Daneben tritt auch noch ein gewisser Herr Karl auf (Es war immer a bisserls Herz dabei. ) und eine Schrammel-Partie gibt Wiener Lieder zum Besten (Der Tod muß a Wiener sein. ).
Die zufällig vorbeikommenden Passanten werden zum Publikum, zur Öffentlichkeit im Rahmen einer grotesken Wiederholung (Farce!) einer historischen Tragödie.
Die Veranstaltungsreihe Im Antlitz der Fische ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem Anschluss, dem Nationalsozialismus bzw. dem (Nicht)Umgang mit diesem historischen und folgenschweren österreichischen Ereignis.

Die Erde dreht sich in das Zeichen der Fische hinein. Da wird die Seele des Menschen unbeweglich wie das Antlitz der Fische.
Ödön von Horvath über den Nationalsozialismus

Das Auftauchen eines gehörnten Fisches aus der Tiefsee.
Walter Benajmin über den Stalinismus

Veranstaltet werden: Am 12. März1998 Tod in Paris eine Lesung im Literaturhaus Wien von Texten von Otto Bauer und Ödön von Horvath. Weiter – in Zusammenarbeit mit der mexikanischen Botschaft – im Literaturhaus eine Podiumsdiskussion zum Thema Anschluss/Protest (Mexiko/Exil/Kultur/Politik) mit Anton Pelinka, Gerhard Drekonja, Christian Kloyber u.a.. Im Herbst wird es im WUK eine Performance unter dem Titel Unterm Rad: Jugend ohne Gott nach Texten von H. Hesse und Ö. von Horvath geben.
Am 4. März1998 wurde von der MA 35 (Allgemeine baubehördliche Angelegenheiten) eine mündliche Verhandlung für den 13. März 1998 anberaumt, in der mit den verantwortlichen Behördenvertreter (auch der Burghauptmannschaft) die örtlichen Adaptierungsnotwendigkeiten geklärt werden sollten.
Am 10. März 1998, also fünf Tage vor der Veranstaltung, wird durch einen Anruf der Burghauptmannschaft die Aufführung untersagt.
Es wurde geäußert, dass man den sowieso historisch belasteten Platz nicht weiter belasten möchte, dass eine solche Veranstaltung nur eine Aufwärmung der Vergangenheit sei und eine mißverständliche Aktion, die nicht im Sinne der in der Hofburg vertretenen Institutionen sei. Man wolle vor allem positive Aktionen wie z.B. das Lichtermeer.
Mit dieser Absage werden vier Monate Recherche, Erarbeitung und Vorbereitung zunichte gemacht: Wir protestieren gegen eine solche Maßnahmen der Zensur!

AG Literatur – Raimund Bahr
Inuit Productions, ÖDV – Armin Anders
IG Autorinnen Autoren – Gerhard Ruiss
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Redigierte Version von: Armin Anders (Hrg.) | ÖDV-Handbuch für DramatikerInnen und TheatermacherInnen
Edition Art Science / Wiener Theater, Band 1, Erstausgabe Dezember 2000


autor: armin anders | eingestellt: 8.4.2020 | zuletzt aktualisiert: 8.4.2020
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